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Klatschen im Gottesdienst: Eine Betrachtung von Tradition und Bedeutung

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Das Klatschen der Teilnehmer eines Gottesdienstes ist ein Aspekt, der in verschiedenen religiösen Gemeinschaften und Konfessionen unterschiedlich betrachtet wird. Diese Praxis hat vielfältige kulturelle, liturgische und theologische Dimensionen, die es wert sind, genauer untersucht zu werden.

Wer hat das oder etwas Ähnliches noch nicht erlebt? Es ist Sonntagvormittag, man sitzt im Gottesdienst und die Uhr steht irgendwo zwischen zehn und elf. Gerade haben mehrere begabte Menschen im Gottesdienstes ein Musikstück von Bach gespielt. Dabei kamen Streich- und Blasinstrumente sowie ein Piano zum Einsatz. Fast jeder im Raum ist sehr davon angetan, die letzte Note wird gespielt und es folgt Stille. Plötzlich beginnt es irgendwo im Raum …, jemand klatscht etwas zaghaft und im nächsten Moment fallen die übrigen Anwesenden in den Beifall mit ein und klatschen mit. - Habt ihr so etwas schon einmal erlebt?

Wie ging es euch damit? War das befremdlich und darf so etwas überhaupt sein?

Immerhin handelt es sich doch um einen Gottesdienst und nicht um ein Konzert in der lokalen Stadthalle. Ein Gottesdienst soll doch Gott ehren und nicht Menschen. Gerät da also nicht etwas aus den Fugen, wenn Teilnehmer eines Gottesdienstes zustimmend Applaus klatschen, weil ihnen etwas sehr gefällt. Wird damit nicht auch Gott, der Schöpfer aller Dinge verunehrt, weil dem Geschöpf Beifall gespendet wird?

Um darauf eine gute Antwort zu geben, ist es erforderlich sich das Thema Applaus oder Beifall klatschen ein wenig genauer anzuschauen. Was steckt hinter dem Klatschen von Menschen?

die Ströme sollen in die Hände klatschen, die Berge allesamt sollen jubeln“ (Psalm 98,8, SL2000)

Denn ihr werdet mit Freuden ausziehen und in Frieden geleitet werden; die Berge und Hügel sollen vor euch in Jubel ausbrechen und alle Bäume des Feldes in die Hände klatschen.“ (Jesaja 55,12, SL2000)

Denn so spricht Gott, der Herr; Weil du mit den Händen geklatscht und mit den Füßen gestampft hast, ja, dich von Herzen mit aller Verachtung über das Land Israel gefreut hast,“ (Ezechiel 25,6, SL2000)

Drei Stellen im Alten Testament, welche dasselbe Wort im Grundtext haben, dass hier mit „Klatschen“ übersetzt wird. Das Wort kann von der Bedeutung her auch mit „sollen frohlocken“ ausdrücken. Es ist also eine Beschreibung von großer Freude oder einer starken Begeisterung, wenn auch im Fall von Ezechiel für die falsche Seite.

In einem weiteren Vers im AT findet sich das „Klatschen“ ebenfalls, allerdings in einem anderen Kontext.

Dein Unglück wird durch nichts gemildert; tödlich ist deine Wunde. Alle, die davon hören, klatschen in die Hände über dich; denn über wen ist deine Bosheit nicht ohne Unterlaß dahingegangen?“ (Nahum 3,19, SL2000)

Dass es in diesem Fall von Klatschen um keinen Ausdruck wohlwollender Zustimmung geht, ist wohl den meisten Lesern schnell klar. Schon die Situation macht es deutlich, in dieser Situation klatschen Menschen vor Entsetzen und Abscheu gegenüber einem bestimmten Verhalten bzw. Handeln. Das Wort, das hier mit „Klatschen“ in den Kontext gebracht wird, ist richtig und trifft es wohl auch auf den Punkt. Dabei hat es im Urtext mehrere Bedeutungen. Das umfasst: schlagen; einschlagen; hineinstoßen; ins Meer hineintreiben; die Fäden des Gewebes zusammenschieben; in die Trompete stoßen; durch Handschlag sich verbürgen; geblasen w., v. d. Trompete. Nach unserem Sprachverständnis geht es hier also eher um ein „die Hände über dem Kopf zusammenschlagen“.

Von der Bibel herkommend, lässt sich also nichts gegen das in die Hände klatschen einwenden. Die Entscheidung, ob also in einem Gottesdienst geklatscht wird oder nicht, hängt damit von den Traditionen und Gewohnheiten der jeweiligen Gemeinschaft ab.

Eine Recherche führte zu mehreren Gründen, weshalb das Klatschen in vielen christlichen Gemeinschaften verpönt ist.

Ein erster Punkt ist das Thema Ehrfurcht und Respekt: Gottesdienste sind für viele Gläubige Momente der Anbetung, des Gebets und des geistlichen Nachdenkens. In so einem Rahmen könnte lautes Klatschen als störend empfunden werden und damit die Atmosphäre der Gottesfurcht stören.

Die innere Ausrichtung auf Gott: Viele Gläubige möchten sich während des Gottesdienstes auf Gott konzentrieren und die Aufmerksamkeit nicht durch Klatschen oder Applaus ablenken. Hier begegnen sich erneut abwechselnde Auffassungen.  Die religiöse Sicht über das Klatschen im Gottesdienst ist unterschiedlich. Einige sehen darin eine demütige Anerkennung der Gegenwart Gottes im Gottesdienst, während andere im persönlichen Gespräch argumentieren, dass die Aufmerksamkeit auf Gott nicht durch äußere Manifestationen, sondern durch die richtige „Herzenshaltung“ ausgedrückt werden sollte.

Die traditionelle Liturgie: In einigen christlichen Gemeinschaften sind bestimmte liturgische Abläufe und Rituale festgelegt, bei denen u. a. das Klatschen nicht vorgesehen ist. In traditionellen liturgischen Kontexten wird Klatschen möglicherweise als störend empfunden, da solche Gottesdienste oft auf einer ordnungsgemäßen Abfolge von Ritualen und Gebeten basieren. Andererseits können in zeitgenössischeren Gottesdienstformen Klatschen und spontane Äußerungen als Ausdruck einer lebendigen und dynamischen Anbetung betrachtet werden.

Unterschiedliche Auffassungen der Anbetung: In christlichen Glaubensgemeinschaften gibt es unterschiedliche Auffassungen darüber, wie eine angemessene Anbetung und Verehrung aussehen dürfen. Das Fehlen von Klatschen kann dabei eine bewusste Entscheidung sein, um einen ruhigen und kontemplativen Raum zu schaffen.

Gemeinschaftsgefühl und Zusammengehörigkeit: Klatschen kann eine Form des gemeinschaftlichen Ausdrucks sein. Es verbindet Gläubige miteinander und schafft eine Atmosphäre der Verbundenheit. Andererseits könnte die Betonung auf der individuellen Erfahrung des Gottesdienstes liegen, ohne dass äußere Manifestationen notwendig sind. Klatschen kann eine kulturelle Ausdrucksform von Freude, Zustimmung oder Anerkennung sein. In einigen Gottesdiensten wird spontanes Klatschen als natürliche Reaktion auf inspirierende Musik, begeisternde Predigten oder kraftvolle Gebete betrachtet. Es schafft eine Atmosphäre der Gemeinschaft und des geteilten Glaubens.

Zum Schluss bleibt es herausfordernd: Die Frage des Klatschens im Gottesdienst kann auch Herausforderungen mit sich bringen. Es besteht die Gefahr, dass die Betonung auf äußeren Ausdrücken von Anbetung die tiefere innere Spiritualität überdeckt oder dass es zu Uneinigkeit in der Gemeinde führt, wenn nicht alle die gleiche Haltung dazu teilen.

Fazit: Es gibt zu diesem Thema keine einheitliche Regel für alle Gottesdienste in allen christlichen Gemeinschaften auf dieser Erde, und die Praxis kann je nach religiöser Gemeinschaft und Denomination variieren. Wenn Unsicherheiten bestehen, ist es am besten, die spezifischen Bräuche und Regeln der jeweiligen Glaubensgemeinschaft zu erfragen oder zu befolgen.

Die Bedeutung und Akzeptanz des Klatschens im Gottesdienst sind stark von der jeweiligen Gemeinde, ihrer Tradition und ihrem theologischen Verständnis geprägt. Eine offene und respektvolle Diskussion über die Rolle des Klatschens kann dazu beitragen, ein tieferes Verständnis für die unterschiedlichen Ansichten innerhalb der Gemeinschaft zu entwickeln und einen Raum zu schaffen, in dem sich Gläubige in ihrer Anbetung ausdrücken können. Letztendlich bleibt die Frage, ob Klatschen im Gottesdienst angemessen ist, eine Entscheidung, die von den Werten und Überzeugungen einer jeden Gemeinschaft beeinflusst wird.

bubaspitzle
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